Ein Pfarrhaus am See. Ein Steg. Flüsterndes Schilf und uralte Bäume. Hier hat die evangelische Pfarrersfamilie Hinrichs den Krieg, den Nationalsozialismus und die Repressalien des DDR-Regimes überstanden. Hier war die Musikerin Rixa als Kind immer glücklich und ahnte nichts von den Schatten, die sich in diesem Haus verbergen. Dann aber gerät Rixas Leben aus dem Tritt und sie muss die Vergangenheit mit neuem Blick betrachten, um einen neuen Weg zu finden.
In ihrem autobiografisch inspirierten Spiegel-Bestseller verknüpft Gisa Klönne die Suche einer Frau nach ihren Wurzeln und ihrer ganz eigenen Stimme mit dem Porträt einer Pfarrersfamilie im Nationalsozialismus zwischen Anpassung und Widerstand. Denn nicht alle Erinnerungen und Familienlegenden entsprechen der Wahrheit und nicht alles, was vergangen ist, hat keine Macht mehr.
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Brigitte
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Das Lied der Stare nach dem Frost in den Niederlanden
Der Auslöser, diesen Roman zu schreiben, war ein unscheinbarer brauner Umschlag mit alten Briefen aus den Jahren 1944 – 1945, die mir einer meiner Onkel eines Tages zusteckte. „Du schreibst doch, vielleicht ist das interessant für dich“, hat er gesagt. Und dann war da noch ein weiterer Onkel, der mir Jahr für Jahr die Lektüre der Tagebücher meines Urgroßvaters ans Herz legte, die dieser von 1902 bis 1920 über die Kinderjahre meiner Großmutter geführt hatte – ein grandioses Vermächtnis.
Hinzu kamen meine eigenen Kindheitserinnerungen an all die Reisen über die deutsch-deutsche Grenze zu unseren Verwandten in Mecklenburg, die jedes Mal wieder zu einem Abenteuer gerieten. Und seit ich denken kann, lauschte ich mit Hingabe den Erzählungen meiner Onkel, Tanten, Eltern, Großeltern über die Kriegszeit, den Einmarsch der Russen nach Mecklenburg und die Repressalien, denen eine Pfarrerfamilie in der DDR ausgesetzt war.
All dies hat mich geprägt und ließ mich nicht mehr los – und im Jahr 2007 begann ich schließlich ernsthaft damit, DAS LIED DER STARE NACH DEM FROST zu konzipieren.
Trotz aller Erinnerungen und Familienlegenden: Rixa Hinrichs Geschichte ist nicht die meine oder die meiner Familie. Alle Figuren und die Handlung dieses Romans sind frei erfunden. Und dennoch gibt es natürlich viele Berührungspunkte. Wenn ich nicht Enkelin eines mecklenburgischen Pfarrers wäre und zahlreiche Ferien im Mecklenburg der Vorwendezeit verbracht hätte, hätte ich diesen Roman wohl niemals geschrieben, in jedem Fall nicht so.
Es ging mir um Wahrhaftigkeit, um ein „so könnte es gewesen sein“. So könnten auch meine eigenen Vorfahren gedacht, gehandelt und gelebt haben.
Es gibt zwei Zeitebenen im Roman. Die Gegenwartsebene spielt heute. Die Vergangenheitsebene umfasst eine Zeitspanne von 1915 bis 1949. Eine Zeit größter Umbrüche in Europa: Zwei Weltkriege, Inflation und Weltwirtschaftskrise, der Wahnsinn Hitlers mit allen bekannten, grausamen Folgen und die Teilung Deutschlands, die in Mecklenburg, wo mein Roman spielt, mit dem Einmarsch der russischen Armee begonnen hat.
Ich bin Schriftstellerin, keine Chronistin, meine Darstellung dieser Zeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, eher werfe ich Schlaglichter. Aus der Verknüpfung des historischen Kontexts mit den Erinnerungen meiner Familie ergaben sich für mich jedoch einige sehr konkrete Fragen, die ich auf die meine Romanfiguren übertragen habe:
Mir ging es darum, am Beispiel einer einzigen Familie zu zeigen, was diese gewaltigen historischen Ereignisse mit einzelnen Personen machen – und wie diese Personen wiederum dazu beitrugen, dass die politischen Ereignisse genauso geschahen, wie sie geschahen.
Und dann – als Übertrag in die Gegenwart – spielte auch noch die moderne Traumaforschung eine Rolle. Es ist heute nachweisbar, dass Traumata sich in Familien über Generationen hinweg weitervererben können – selbst dann, wenn das Furchtbare, das ursprünglich geschah, niemals ausgesprochen wird.
»Das Lied der Stare nach dem Frost« ist deshalb auch die Geschichte einer Musikerin auf der Suche nach ihrem ureigenen Ausdruck und ihrer Stimme. Rixa Hinrichs erkennt, dass sie ein uraltes Tabu befolgt, indem sie es nicht wagt, ins Rampenlicht großer Bühnen zu treten. Und sie erkennt, dass sie dieses Hemmnis nur überwinden kann, indem sie an den Ort ihrer Kindheit zurück kehrt und Verschwiegenes ans Licht bringt.
Um dies zu beschreiben, habe ich mich auch sehr mit Musik beschäftigt. Die Musik von 76 Interpreten aus sechs Jahrhunderten spielt in DAS LIED DER STARE NACH DEM FROST eine Rolle. Und weil ich von vielen Leserinnen und Lesern weiß, dass sie diese Musik gern nachhören möchten, gibt es die Playlist zum Roman hier zum Download.