Foto: Michael Haus
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Zehn Fragen - zehn Antworten

Warum schreiben Sie, Gisa Klönne?

Zu schreiben ist meine Art, auf die Welt zu reagieren und sie zu begreifen. Das ist ein Stück Identität, ein Grundbedürfnis und stets aufs Neue ein Abenteuer. Oft nährt das, was ich erlebe in einem späteren Schritt meine Geschichten. Nie gehe ich ohne Stift und Notizbuch aus dem Haus. Die Liebe zur Sprache war immer da. Genauso wie das Staunen, dass aus Worten auf Papier ganze Welten entstehen. All dies ist für mich übrigens Lebenssinn - und in keiner Weise durch KI zu ersetzen. 

 

Warum anfangs Kriminalliteratur?

Warum nicht? Literatur darf für mich gerne spannend sein und neben der Liebe ist der Tod doch eines der ganz großen Themen. In meinen Krimis spielte der Akt der Gewalt selbst aber nie die Hauptrolle. Mir ging es um die Ursachen und Folgen und vor allem um die Figuren, die davon beeinträchtigt werden und damit klarkommen müssen. Die Romanserie mit Judith Krieger ist ein psychologischer Parforce-Ritt. Durch jeden ihrer Fälle muss sie sich verändern.

 

Und warum Romane?

Ich mag keine Schemata und ich glaube an Veränderung. Die Vorstellung, ich wäre zeitlebens auf nur ein einziges Genre festgelegt, erschreckt mich. Auch als Leserin schätze ich schließlich die Vielfalt. Davon abgesehen ist  die Kriminalliteratur eine exzellente Schule für Suspense und den Blick auf verborgene Realitäten. Diese Regeln lassen sich - ohne Mord und Ermittlung - hervorragend auch in allen anderen Geschichten befolgen. 

 

Planen und recherchieren Sie?

Ich plane die Wendepunkte und kenne das Ende einer Geschichte bevor ich zu schreiben beginne. Das Ende ist mein Ziel, auf das alles zusteuert. Die Hauptfiguren, ihre Biografien und Träume, ihr Tun und Scheitern sind damit aufs Engste verbunden.

 

Und dann schreiben Sie los?

Ach, von wegen. Ich benötige lange, um mich für eine Geschichte zu entscheiden und dann brauche ich noch einmal lange, um den stimmigen Erzählton zu finden. Ich taste mich quasi mit jedem Roman experimentierend, schreibend und mehrfach verwerfend ins Unbekannte und zugleich ins Herz meiner Protagonisten. Diese Phase des Ausbrütens erfordert Geduld, Vertrauen, den nötigen Leerraum und ist nicht immer spaßig. Sie lässt sich für mich nicht abkürzen. Zum Glück kommt dann doch irgendwann der Moment, in dem ich überzeugt bin: Das ist es. Und zum Dank werfen meine Figuren oder welche Kraft auch immer die Kreativität nährt dann im Schreibprozess manchmal alles wieder über den Haufen. 

 

Haben Sie Vorbilder?

Nicht in dem Sinne, dass ich diese imitieren würde. Es geht beim literarischen Schreiben schließlich immer darum, den ganz eigenen Weg und Stil zu finden. Ich lese natürlich sehr viel und als studierte Anglistin fühle ich mich besonders der angloamerikanischen Erzähltradition verbunden.  Auch als Leserin übrigens. Weil sich darin Anspruch und Unterhaltung so wunderbar vereinen.

 

Ihre Lieblingslektüre?

Ganz schwere Frage. Die Bandbreite reicht von meinen frühen Stars wie Hermann Hesse, Christoph Meckel, Christa Wolf, Eva Strittmater, Ulla Hahn und den Brontës zu Marge Piercy, Alice Walker, Meg Wollitzer, Mary Lawson, Bernardine Evaristo, Zsuzsa Bank, Daniela Krien und Arno Geiger. Immer und immer wieder lese ich seit Jahrzehnten Margaret Atwood. Ich kenne niemanden, der so souverän in so vielen literarischen Formen beheimatet ist und mich immer aufs Neue packt und berührt, wie sie.

 

Gibt es ein Grundthema in all Ihren Büchern?

Das Leben in all seinen Facetten. Und das Sterben. Der Sinn also. Natur spielt immer eine Rolle. Die Fragilität dieser Welt und ihrer Bewohner, ihre Vielfalt und Schönheit. Mich interessiert nicht das Glatte, die heile Welt. Ich glaube nicht mal daran. Es geht doch um etwas anderes: Darum nämlich, dass man nicht aufgibt. Und dass nichts je nur schwarz oder weiß ist.

 

Das größte Kompliment Ihrer Leser:innen?

Sie schreiben und sagen mir immer wieder, dass sie meine Sprache lieben. Und dass ihnen meine Figuren so lebendig erscheinen, wie gute Freunde. Zu DAS LIED DER STARE NACH DEM FROST haben mir so viele Menschen ihre Lebensgeschichten anvertraut, die der meiner Figur Rixa ähnelten. In FÜR DIESEN SOMMER haben sowohl sehr betagte als auch jüngere Leser:innen etwas von sich selbst wiedererkannt. Unlängst erst hat mir eine Leserin geschrieben, dass sie durch einen Judith-Krieger-Krimi über sich selbst nachgedacht und etwas erkannt hat, was sie zuvor nie gesehen hat. Obwohl der erste Judith-Krieger-Fall bereits vor mehr als 20 Jahren erschienen ist, hatte sie meine Kommissarin gerade erst entdeckt. Es scheint also etwas Zeitloses darin zu stecken. Solche Rückmeldungen machen mich sehr dankbar. 

 

Ihr Tipp für angehende Autor:innen?

Viel lesen. Viel Schreiben. Respekt vor dem Handwerk. Bereit sein, den eigenen Text auch mehrfach zu überarbeiten oder von vorn zu beginnen. Sich Verbündete und – konstruktive – Kritiker *innen und Lehrende suchen, wenn es allein nicht weitergeht. Und vor allem: nicht aufgeben.